Grafikerin, Autorin und Übersetzerin
Irina Rastorgueva, 1983 in Juschno-Sachalinsk geboren, studierte Philologie an der Staatlichen Universität Sachalin und arbeitete als Kulturjournalistin für mehrere russische Zeitschriften und Radiosender. 2006 bis 2015 war sie Dozentin für Journalistik an der Staatlichen Universität Sachalin. Sie ist Autorin zahlreicher wissenschaftlicher Artikel über die Theorie und Geschichte der Literatur und des Journalismus des 20. Jahrhunderts. 2011 gründete sie das Kulturmagazin «ProSakhalin». Von 2011 bis 2017 war sie Dramaturgin am Tschechow-Theater Sachalin und künstlerische Produktionsleiterin des «Far Eastern Theatre Forum» / «Theatre go round Festival» in Sapporo (2015).
Seit 2017 arbeitet sie als Autorin und Grafikerin in Berlin. Sie schreibt u. a. für die FAZ, die NZZ und das Zeitschrift OSTEUROPA. Gemeinsam mit Thomas Martin übersetzt sie und gibt die Werke von Georgi Demidow im Verlag Galiani heraus. Zuletzt erschienen «Das Russlandsimulakrum» (2022) und «Pop-up-Propaganda. Epikrise der russischen Selbstvergiftung» (2024), das mit dem Preis der Leipziger Buchmesse in der Kategorie Sachbuch/Essayistik ausgezeichnet worden ist.
Foto: © Irina Rastorgueva.
Montag, 03. November 2025, 19:00 – 20:00 Uhr
Im Literaturhaus Zürich, Limmatquai 62, 8001 Zürich
Moderation: Dr. Martin Meyer
Während innerhalb Russlands das Verbot kritischer Medien und die Gleichschaltung der verstaatlichten Sender eine beinahe karikaturhafte Erzählung über traditionelle Werte und die Notwendigkeit der «militärischen Spezialoperation» hervorbringen, arbeiten sorgfältig geplante Propagandaaktionen im Rest der Welt an der Destabilisierung demokratischer Gesellschaften. Ein planmässiger Wahnsinn überzieht das Land. Er zeigt sich in inflationär gebrauchten Euphemismen und Hassrede, als Denunziation und in einem bis ins Subtilste durchdachten Strafregime. Und es ist ein Wahnsinn mit Geschichte. Denn die Gewalt, die die russische Gesellschaft unerbittlich im Griff hat, ist eine Fortführung der paranoiden Suche nach Feinden, der nächtlichen Verhaftungen, Durchsuchungen und Folterungen sowie der Gulags aus dem Sowjetregime – in grellem, neuem Gewand und verschmolzen mit dem Gangstertum der Neunzigerjahre.
In ihrem einzigartigen Ton, der so präzise wie ironisch ist, zeigt Irina Rastorgueva in einer Montage aus Zeitungsfundstücken und unabhängigen Berichten, aus der eigenen Erfahrung genauso wie aus der Analyse kremlkritischer und russlandtreuer Autoren das Wirken der russischen Selbstvergiftung.